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„Innovate or Die“ – das natürlichste Prinzip überhaupt

Wie lange leben Unternehmen? Ein Menschenleben ist zeitlich limitiert, neue Generationen wachsen vom Kleinkind zum Erwachsenen und sterben irgendwann selbst, die Evolution schreitet mit jeder neuen Generation einen kleinen Schritt voran. Unternehmen haben kein natürliches Lebensende, woran sterben sie also dann? Und wie entwickelt sich Wirtschaft insgesamt weiter?

Durch die Erderwärmung ging die Mammutpopulation so empfindlich zurück, dass sich aufgrund der niedrigen Größe die Gene verschlechterten und durch Inzucht das Aussterben sogar noch beschleunigt wurde.1

Frei übertragen müssen sich auch Organisationen in ihrer Gesamtheit immer an neue Umstände anpassen, wenn jedoch ein kritisches Niveau erreicht wurde, also beispielsweise die kreativen Köpfe schon gegangen sind, gerät das Unternehmen in die strategisch-geistige Inzucht und kann sich auch nicht mehr selbst retten. Neue Umstände sind beispielsweise neue Verhaltensweisen der Kunden, die auf neue Technologie oder Lösungen zurückzuführen sind, mangelnde Anpassung durch Fehlentscheidungen führen zuerst zu langsamer Abwanderung von Kunden, aber rasch zur Abwanderung von Schlüsselmitarbeitern. Der Vergleich ist erst einmal sehr theoretisch und vermutlich weit hergeholt, doch die Parallelen zu Großunternehmen sind frappierend. Mit dem großen Unterschied, dass Unternehmen ihre Anpassungsfähigkeit selbst in der Hand haben, das Mammut hatte wohl weniger Spielraum als es IBM in den 1980er Jahren hatte.


Unternehmen existieren solange sie die Nutzerbedürfnisse befriedigen

Unternehmen werden irgendwann überholt und verlieren Marktanteile an Konkurrenten, die besser an Nutzerbedürfnisse angepasst sind, ihre Lebenszeit definieren sie selbst mit ihrer Innovationsfähigkeit, ein Vergleich zwischen zwei Schreibmaschinenproduzenten veranschaulicht diese Überlegungen:

Das Aussterben der Schreibmaschine hat deutsche Industriegiganten wie Adler, Triumpf, Grundig hart betroffen. Ganz anders lief es bei IBM, die ebenfalls einmal Schreibmaschinen produzierten. IBM ist heute nicht nur erfolgreicher IT-Hardwareausstatter, sondern auch führend bei künstlicher Intelligenz in vielen Anwendungsfeldern. Adler könnte heute ebenfalls den führenden Supercomputer für die Erkennung von Krebs in ihrem Portfolio haben und Milliarden damit verdienen Unternehmen mit IT-Hardware auszustatten. Haben sie aber nicht, die Adlerwerke wurden 1992 aufgelöst. IBM hingegeben hat den Supercomputer Watson, das Unternehmen ist heute über 100 Milliarden wert. In den 1960er Jahren machte IBM den ersten Schritt mit einer neuen Art elektrischer Schreibmaschine, die damals als revolutionär galt. Diese Nuancen potenzieren sich über die Jahre und Jahrzehnte, haben ihre Wurzel aber bereits in der Innovations- und Führungskultur, die sich über Jahre beständig hält. Kultur kann man nicht schnell ändern, man kann sie nur über Jahre hinweg weiterentwickeln. Ob es also ein Unternehmen schafft seine eigene nächste Evolutionsstufe zu erreichen oder ausstirbt liegt an der Anpassungsfähigkeit des Organismus als Gesamtheit der Personen und diese ist nicht kurzfristig herstellbar.


Gib der nächsten Generation etwas weiter

Es ist also nicht einfach möglich innovativere Kultur von heute auf morgen zu implementieren. Man kann auch nicht übertrieben experimentieren, wenn man seinen langjährigen Kunden Beständigkeit bieten möchte. Aber dabei ist die natürliche Lösung auf Unternehmen übertragbar: Lass die nächste Generation ran! Ein Unternehmen, das immer am Puls der Zeit bleiben will, sollte kontinuierlich Startups gründen, wie eine Spezies Nachkommen produzieren muss.

Es gibt revolutionäre Durchbrüche, die direkt oder indirekt Einfluss nehmen. Beispielsweise die Erfindung des Smartphones. Diesen Veränderungen muss sich ein Unternehmen jedoch evolutionär anpassen. Und zwar trotzdem schnell – was widersprüchlich scheint. Daher ist die nächste Generation im Unternehmen prädestiniert diese Aufgabe zu übernehmen. Sie müssen gut im Kerngeschäft ausgebildet sein und dann auf den Markt losgelassen werden, aber in eigenen Entitäten mit eigenen Marken. In diesem Setting ist Trial-and-Error möglich, da Fehlschläge oder schwankende Produktqualität nicht auf die Hauptmarke zurückfallen. Kurzfristig verliert man dabei Geld. Grob sagt man, dass 9 von 10 Startups scheitern. Für hybride Lösungen wie Corporate-Startups gibt es keine Zahlen, hauptsächlich auch deswegen, weil noch kaum ein Unternehmen jemals ein richtiges Setting genutzt hat. Meist sind nur halb-autonome Versuchslabore dabei herausgekommen, die nie richtig versagt, aber auch nie richtig erfolgreich wurden. Man verliert also kurzfristig Geld, der nächste Quartalsabschluss wird dadurch negativ beeinflusst. Das sind jedoch notwendige Investitionen in den langfristigen Fortbestand, denn wer möchte wirklich der letzte Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe gewesen sein?



Wie man sein eigenes Startup im etablierten Unternehmen gründet

Sieht man von einigen wenigen – wenn auch mittlerweile prominenten – Tech-Superstars wie Google ab, ist am Anfang immer das Branchen Know How, das Bewusstsein für ein Problem der Zielgruppe, das Wissen über typische Zusammenhänge in einem Bereich. Wer dieses Geschäft nun evolutionieren will, braucht aber trotzdem den starken Drang etwas zu verändern und darf nicht zu angepasst im Unternehmen sein. Eine Gradwanderung. Es braucht zudem ein Alphaweibchen/-männchen das sich dem etablierten Management widersetzen kann.

Genauso wie man heute die Führungskräfte der nächsten Generation entwickelt, muss man die Gründer der nächsten Generation entwickeln. Im Unternehmen ausbilden, dann beispielsweise auf Europareise durch Startup-Co-Workingspaces schicken, um sie mit frischen Ideen wieder mit dem Status Quo im Unternehmen vertraut machen zu können. Schlussendlich, wenn die Vision der Unternehmenszukunft gereift ist, gründen Mitarbeiter und Unternehmen gemeinsam ein neues Unternehmen. Ja, Mitarbeiter gründen Innovationstöchter, mit Anteilen daran, das Mutterunternehmen wird zum strategischen Investor. Das Gehalt sollte jedoch dafür deutlich reduziert, gegenüber einer vergleichbaren Tätigkeit im etablierten Unternehmen sein, sonst leidet der Unternehmergeist, wenn kein unternehmerisches Risiko eingegangen wird. Das ist sicher nichts für jeden Mitarbeiter, aber für viele, die heute in der Startup-Szene andocken, denn im Vergleich zu einem echten Startup-Gründer ist das immer noch pure Sicherheit.


1) [Interessanter Beitrag dazu übrigens hier: https://www.scinexx.de/news/biowissen/die-letzten-mammuts-waren-krank/]

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